Feiern!
Kommen sie am Sonntag 15:00 zum Gemeindefest nach Kapellendorf!
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser! Sie lesen in der Zeitung und sind nun am geistlichen Wort hängen geblieben. „Was soll denn die Überschrift? Schon wieder ein Fest?“, fragen Sie sich vielleicht. Wie viele Einladungen zu den unterschiedlichsten Festen haben Sie heute schon in der Zeitung gelesen, wie viele in der letzten Woche? Feuerwehrfest, Altstadtfest, Neustadtfest, Bierfest, Weinfest, Kinderfest, Seniorenfest, Familienfest, Rosenfest, Kartoffelfest usw. und ständig kommen neue dazu. Manchmal hat man den Eindruck, von einem Fest zum nächsten laufen zu können; man wird der ganzen Feierei überdrüssig. Schon wenn man die Einladung liest, riecht man den immergleichen Bratwurstgeruch, sieht Hüpfeburg und Bierstand vor seinem inneren Auge. „Ach nein, nicht schon wieder feiern!“
Dabei war das Feiern und Frei-Haben einmal ein Privileg und eine große Errungenschaft. Dass wir einen Tag in der Woche als Feiertag haben, geht auf eine mindestens 2500 Jahre alte Tradition zurück: Im ersten Schöpfungsbericht (das ist die Geschichte mit den oft belächelten sieben Tagen ganz am Anfang der Bibel) ruht Gott am siebenten Tag aus und erst mit diesem Feiertag wird die Schöpfung vollendet. Es haben sich Gesetze entwickelt, die das Arbeiten an diesem Tag verboten, der Mensch soll zur Ruhe und Besinnung kommen und – ja: und feiern!
Wieso sind wird der Feste und Feiern so überdrüssig geworden? Weil sie wie Pilze aus dem Boden schießen? Weil es so viele sind? Das glaube ich nicht. Unser Überdruss kommt wohl eher daher, dass wir uns des Eindrucks nicht erwehren können, dass diese Feiern oft nur leere Hülsen sind. So selbstverständlich ein Weinfest zur Erntezeit in Naumburg ist, so merkwürdig und aufgesetzt wirkt es doch in einer Stadt, in der seit 200 Jahren kein einziger Tropfen mehr gekeltert worden ist. Warum findet dort so ein „Fest“ statt? Um den Handel anzukurbeln und Leute in die Stadt zu bringen vielleicht.
Vielleicht auch nur um Menschen die Möglichkeit zu geben, in der Oberflächlichkeit die innere Leere des eigenen Lebens zu kaschieren.
Genau das Gegenteil davon ist der wöchentliche Feiertag, den wir Christen am Sonntag begehen. Denn obwohl die Gottesdienste an die große Glocke gehängt werden, sind sie doch unspektakulär. Gottesdienst zu feiern ist nicht Selbstzweck, sondern Ruhepunkt. Die Chance, unter die alltägliche Oberflächlichkeit abzutauchen, Orientierung im Chaos des Alltags zu haben, dankbar und fröhlich zu sein.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag: einen Feiertag, der Ihnen Kraft und Zuversicht für die kommende Woche gibt.
Ihr Pfr. Thomas Robscheit aus Kapellendorf
PS: …falls Sie bei uns mitfeiern möchten, sind Sie herzlich willkommen; nur auf Bratwurst, Bier und Hüpfeburg werden Sie verzichten müssen.
August 2008