8. September 2015

Recht vs. Gerechtigkeit

Von Th.-M. Robscheit
This entry is part 56 of 134 in the series geistliches Wort

„Ich habe heute gewonnen, aber ich weiß nicht, ob ich der Allgemeinheit damit einen Dienst getan habe.“, so hat, liebe Leserinnen und Leser, neulich ein Anwalt ein Gespräch bei mir begonnen. Es ist Recht gesprochen worden, ob das gerecht ist, wird damit gar nicht ausgesagt.
Was ist überhaupt gerecht? Denken Sie an die Renten. Erstaunlicherweise fühlen sich Ost- wie Westdeutsch durch die Wiedervereinigung gleichermaßen ungerecht behandelt! Männer wie Frauen, obwohl die nackten Zahlen bei den Frauen deutlicher sind. Wir ehemaligen Ostdeutschen regen uns gerne darüber auf, dass das Rentenniveau niedriger ist, als in den alten Bundesländern. Das ist ungerecht! Tatsächlich erhalten ostdeutsche Rentnerinnen aber fast 50% mehr Rente, als die Gleichaltrigen in Westdeutschland. Das hängt hauptsächlich mit der Betreuung der Kinder zusammen. Während in der ehemaligen DDR die Betreuung durch die Allgemeinheit finanziert wurde, war das in der BRD Sache der Familien, in aller Regel der Frauen, die in der Zeit kein Einkommen erwirtschafteten.
Dass Recht nicht zwangsläufig gerecht ist, ist eine Binsenweisheit, dass Gerechtigkeit aber auch im Auge des Betrachters liegt, vergessen wir schnell, fühlen uns ungerecht behandelt und sind verbittert. Vielleicht hilft Ihnen der Spruch für die neue Woche, auch in der vermeintlichen oder tatsächlichen Ungerechtigkeit, gelassen zu bleiben: „Wir liegen vor Dir, Gott, mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf Deine große Barmherzigkeit. (Daniel 9,18)

Ihr Pfarrer Th.-M. Robscheit
Apolda & Kapellendorf

PS: Übrigens ist die durchschnittliche Rente bei ostdeutschen Männern auch ca. 10% über der der westdeutschen Männer, mit steigender Tendenz!

Januar 2013

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