7. September 2015

Singt dem Herren ein neues Lied, denn er tut Wunder!

Von Th.-M. Robscheit
This entry is part 36 of 134 in the series geistliches Wort

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Als ich den Wochenspruch für die neue Woche gelesen habe, musste ich sofort an manchen Gesang im Gottesdienst denken: wenn es wenigstens mit den alten Liedern klappen würde…, an neue Lieder will man da gar nicht denken! Wie oft muss der Pfarrer versuchen, durch Lautstärke mangelnden Gemeindegesang auszugleichen, was allerdings nicht zwangsläufig die Qualität des Gesanges anhebt. Es gibt einen alten Pfarrerwitz, den schon die Generation meines Großvaters erzählt hat: Die Pfarrer eines Kirchenkreises treffen sich zu einer Besprechung, die mit einer Andacht anfängt: „Liebe Schwestern und Brüder, wir schlagen im Gesangbuch die Nummer 288 auf und brüllen gemeinsam Vers 5…“ Aber Spaß beiseite, mir scheint es manchmal so, als würde eine unserer wichtigsten Kulturtechniken, das Singen nämlich allmählich immer mehr verloren gehen. Selbst am Heiligen Abend ist es in immer weniger Familien üblich gemeinsam vor der Bescherung zu singen. Mich stimmt das traurig. Hilflos und verwundert aber macht es mich, wenn ich dann in Gesprächen erfahre, dass genau den Menschen, die nicht mehr singen, das Singen am Weihnachtsbaum eigentlich gut gefällt und sie bedauern, dass das nicht mehr üblich ist. Das ist doch paradox! Warum singen sie dann nicht?
Richtig ärgerlich werde ich allerdings, liebe Leserinnen und Leser, wenn zu eigener Bequemlichkeit dann noch dreiste Forderungen kommen. So ging es mir vor einigen Jahren am Heiligen Abend in Kapellendorf. „Man hat Sie heute gar nicht singen hören, Herr Pfarrer.“, sprach mich einer der typischen Weihnachtschristen mit leicht vorwurfsvollem Tonfall nach dem Gottesdienst an. „Sie dafür das ganze Jahr nicht!“, hätte ich am liebsten darauf geantwortet, aber es war ja Heilig Abend & als Pfarrer soll man nicht frech sein & so murmelte ich nur etwas von drei Gottesdiensten und dass die Stimme dann irgendwann eben nicht mehr so will.
Ganz ähnliche Verhaltensmuster begegnen mir auch immer wieder in Zusammenhang mit Trauerfeiern. Die Veranstaltung heißt ja nicht umsonst TrauerFEIER, es soll würdig und feierlich sein. Und dazu gehört Gesang. Es soll der Kirchenchor singen. ok. Aber ein Chor besteht aus Leuten, die gerne singen und erheblich Freizeit dafür investieren, oft genug auch noch Geld um einen Chorleiter zu bezahlen. Und da liegt der Hase im Pfeffer! Die selben Leute, die erwarten, dass ihre Feier besonders gut und festlich wird, sind nicht bereit ihrerseits beispielsweise im Chor mitzusingen. Die immer wieder gleiche Antwort: „.. (ich wette, liebe Leserinnen und Leser Sie wissen, was hier stehen müsste! Und Sie wissen auch, dass dies fast immer ein Vorwand ist)“. Was soll man dazu sagen? Eigentlich kann man doch nur resignieren!

Singt dem Herren ein neues Lied, denn er tut Wunder! – ja!, denn auch das gibt es: kleine Kirchgemeinden, die erstaunlich gesangesfreudig sind. Da singt im Gottesdienst die ganze Gemeinde laut mit, und auch Besucher aus anderen Gemeinden lassen sich dann anstecken. Wenn ich mich dann, selber oft erbaut -um diesen altmodischen Begriff zu verwenden- nach dem Gottesdienst mit den Besuchern unterhalte spüre ich ganz deutlich, dass das eigene Singen nicht nur den Gottesdienst für alle schöner, sondern auch spiritueller gemacht hat. Singen öffnet die Seele und hilft Freude oder Kummer auszudrücken. Ich kann Sie nur ermuntern, auf die Kraft des Gesanges zu vertrauen. Vielleicht nehmen Sie den morgigen Sonntag mit dem Namen Kantate, auf Deutsch: Singt!, zum Anlass endlich wieder aus vollem Halse zu singen: unter der Dusche, beim Spaziergang oder im Gottesdienst!
Singt dem Herren ein neues Lied, denn er tut Wunder!

Ihr Pfarrer Th.-M. Robscheit aus Kapellendorf

Mai 2009

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