8. September 2015

Das Land, wo Milch und Honig fließen…

Von Th.-M. Robscheit
This entry is part 74 of 134 in the series geistliches Wort

Das Land, wo Milch und Honig fließen…

Mit dieser Verheißung, liebe Leserinnen und Leser, beginnt unsere auf Wanderung begründete abendländische Kulturgeschichte im Morgenland. Der Aufbruch ins gelobte Land durch zahlreiche Entbehrungen. Ganz unterschiedlich können die Motive sein, der Traum vom besseren Leben, der in den letzten Jahrzehnten viele unserer Nachbarn bewogen hat, hier ihre Zelte abzubrechen und westwärts zu ziehen. Oder die Flucht vor Krieg, Misshandlung oder Tod. So wie bei jener Frau, nennen wir sie Maria.
Marias Eltern hatten sich bemüht, dass aus ihr etwas besseres als „nur“ Bäuerin wird. Sie sollte Lehrerin werden. Dann der Krieg, fremde Soldaten, nur durch Glück und einen leisen Schlaf ist sie nicht misshandelt worden. Flucht, innerhalb von Stunden ging es los. Erst in die eine Richtung, dann wieder zurück. Zwischen den Fronten, wieder in der Hand der Feinde. Dann Zwangsarbeit, schließlich ein Lichtblick. Endlich in Deutschland, Thüringen. Doch hier nur angefeindet: „Diese Habenichtse!“
Hier ganz unten, niedere Arbeiten; aber wenigstens ein Dach über dem Kopf, kein Krieg. Maria konnte wieder schlafen.
Siebzig Jahre ist das jetzt her. Maria hat geheiratet, Kinder bekommen & in der Landwirtschaft so verlässlich gearbeitet, dass sie jetzt noch dafür Anerkennung erntet. Maria ist dankbar; aber sie wird wohl nie vergessen wie es ist, als Heimatlose herumgetrieben und ungewollt zu sein.
Ich frage mich manchmal, ob es ihr wohl gelungen ist, dieses Gefühl auch an ihre Enkel und Urenkel weiterzugeben – und die damit verbundene Menschlichkeit.
Das Land, wo Milch und Honig fließen, es ist nicht an einem bestimmten Ort, sondern dort wo Menschen ihre Menschlichkeit bewahren. Lassen Sie uns unsere Heimat so ein Land sein!

Ihr Pfarrer Th.-M. Robscheit

April 2015

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