Enttäuschungen?
Ein Mensch pflanzt einen Weingarten, baut Kelter und Mauer, macht alles schön. Nun sollte der Wein reichlich Früchte bringen. Bringt er aber nicht. Die Trauben sind klein und sauer. Wütend reißt der Winzer alles nieder, dann soll der Garten halt verkommen.
Das ist in Kurzfassung, liebe Leserinnen und Leser, ein 1700 Jahre altes Lied das durch Jesaja überliefert ist. Wut und Enttäuschung des Weinbauern, schlagen in Zerstörung um, die sein eigenes Werk in den Abgrund reißt. „Ja, das kennen wir!“, werden Sie jetzt vielleicht denken und kleine Kinder im Kopf haben, die wütend etwas in die Ecke werfen: das blöde Auto ist schuld! – Vielleicht denken Sie auch an sich selber: „Der sch… Computer macht nicht was er soll!“ Und mancher ist dann kurz davor, das Teil vom Tisch zu fegen. Das ist typisch Mensch! Die komplexe Welt begreifen wir immer nur stückweise und verdrängen Fragen: Was macht der Rechner eigentlich genau? Welche Faktoren beeinflussen den Wein und wieso passt das Lego-Männlein nicht in das rote Auto? Wir sind darauf angewiesen uns Bilder zu machen & in Schubladen zu sortieren. Wenn dann aber etwas nicht stimmig ist sind wir leider sehr schnell dabei, irgendwas oder -jemanden zu verurteilen, anstelle unser Bild zu hinterfragen. Die Oberflächlichkeit und Ignoranz mit der sich Menschen in ihrer kleinen Welt einrichten können, ist dabei immer wieder erstaunlich. Der Weingärtner fragt nicht, ob der Boden wirklich für Wein geeignet ist. Der blöde Wein bringt keine süßen Trauben, also weg damit.
Jesus sieht das anders. Er erzählt von einem Feigenbaum auf dem nichts wächst, obwohl er gehegt und gepflegt wird. Trotzdem soll der Baum nicht gefällt werden. Er soll weiter eine Chance haben. Weingarten und Feigenbaum stehen für uns Menschen in unserem alltäglichen Handeln mit seinen Irrungen, Wirrungen und Verwerfungen. Aber das wissen Sie ja schon. Wie Jesus damit umgeht, wissen Sie auch. Und wie halten Sie es selber?
Der Artikel erschien in leicht gekürzter Variante erstmals in der Wochenendausgebe der Thüringer Allgemeinen am 28. Februar 2021