14. Februar 2021

Fasching + Corona

Von Th.-M. Robscheit
This entry is part 4 of 134 in the series geistliches Wort

Es ist Fasching. Eigentlich. Karneval, was sich von carne vale ableitet, Fleisch adé. Das große Luftholen vor Beginn der Fastenzeit. Nochmal richtig feiern und ab Aschermittwoch ist Zurückhaltung angesagt. Zugegeben, ich bin eher ein Faschingsmuffel und habe den Prunksitzungen oder Umzügen bisher nie viel abgewinnen können. Doch wenn man jetzt im Fernsehen nur in leere Säle starrt, spüren wir die Bürde, die wir derzeit tragen, besonders deutlich. Wir leben seit Wochen in einer Fastenzeit. Als Seelsorger merke ich, wie stark mehr und mehr Menschen mental beeinträchtigt sind. Die Nerven liegen blank. Auch bei denen, deren wirtschaftliche Existenz derzeit nicht bedroht ist, die nicht alleinerziehend kaum in der Lage sind, den Alltag zwischen homeoffice und homeschooling zu bewältigen. Der Lockdown, die unsichtbare und gefühlt zunehmende Bedrohung durch das Virus und vor allem die unklare Perspektive zehren an unserer Seele. Wie ein kühner, völlig unrealistischer Wunschtraum sehnen wir uns nach einer ausgelassenen Feier, einem Restaurantbesuch, dem Stöbern in Buchladen, Boutique oder wahlweise im Baumarkt.

Alles wirkt trostlos, dazu noch der Schnee.

Doch während ich darüber nachdenke, fallen Sonnenstrahlen: vielleicht steckt im Karneval viel mehr Weisheit unserer Vorfahren, als uns bewusst ist: Kontrapunkt zum Trübsinn, zur Anstrengung & (im Rheinland damals) zur Fremdbestimmung. Einen Umzug gibt es nicht, auch keinen Tanz. Aber trotzdem (mit gehörigem Trotz gegen die Widrigkeiten) können wir uns schöne Momente schaffen & genießen. Ich jedenfalls werde eine große Tüte Pfannkuchen kaufen, den Zucker genießen & versuchen den Spruch aus dem Alten Testament zu beherzigen: Ein Mensch, der da ißt und trinkt und hat guten Mut bei all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes!

Ihr Th.-M. Robscheit

 

 

Der Artikel erschien erstmals in der Wochenendausgebe der Thüringer Allgemeinen am 14. Februar 2021

 

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