8. September 2015

Lehmann

Von Th.-M. Robscheit
This entry is part 63 of 134 in the series geistliches Wort

Teil 1) – die beiden Beiträge erschienen an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden.

Liebe Leserinnen und Leser,
„Herr Lehmann“, klingelt da was bei Ihnen? Kommt Ihnen der Name bekannt vor? „Lehmann? Ja, da war doch was!“, werden manche von Ihnen denken. „Herr Lehmann“ jener sehr lesenswerte Roman von Sven Regener, ein Stimmungsbild der Jugend in Westberlin kurz vor und zur Wendezeit! Richtig, aber diesen Herrn Lehmann meine ich nicht.
„Ach, Herr Lehmann!“, jetzt kommen die von Ihnen zum Zug, die beim Neujahrsempfang dabei waren und sich an die Rede von G. Unger erinnern: „DER Herr Lehmann, den niemand zu kennen scheint, weil er nicht im Licht der Öffentlichkeit steht!“ – aber auch diesen Herrn Lehmann meine ich nicht. „Nun machen Sie es nicht so spannend, es gibt noch Dutzende Herr Lehmänner!“, werden manche jetzt genervt stöhnen.
Genau, das ist das Problem. Dutzende. Alle mit dem gleichen Namen, für uns verschwinden sie in der grauen Masse der unzähligen Lehmänner. Und oft kommen wir uns selber so vor: Anhand unseres Namens, Wohnortes, Berufes, Autos oder Einkaufverhaltens werden wir in Schubladen gesteckt und mit einem Etikett versehen: „Lehmann?, noch einer?! Der Nächste bitte!“ Ganz anders vor Gott: „Ich habe Dich mit DEINEM Namen gerufen, Du bist mein!“ verspricht er uns. Im Leben und im Tod sind wir für ihn einzigartig, verschwinden nicht namenlos in der grauen Masse oder auf der grünen Wiese, ganz gleich, ob wir nun Schulze, Müller oder eben Lehmann heißen.

Ihr Th.-M. Robscheit

PS: Welchen Herrn Lehman ich nun eigentlich meine, wollen Sie wissen: Nächste Woche an dieser Stelle mehr dazu!

 

Teil 2)

Also wieder Herr Lehmann. Erinnern Sie sich, liebe Leserinnen und Leser? Letztes Wochenende die Geschichte mit den Lehmännern und um welchen es eigentlich geht? Manche von Ihnen haben mich im Lauf der Woche angesprochen: „Sie meinen bestimmt Jens Lehmann, den Fussballer!“ Aber auch den meinte ich nicht. Es geht um DEN Herrn Lehmann, den Sie als treue TA-Leser kennen: der Drahthaardackel Herr Lehmann (diese Vermutung hatten übrigens auch manche von Ihnen). Nun ist es so, dass bei uns eine Dackeldame lebt und diese wird immerzu für Herrn Lehmann gehalten! „Guck mal, da ist Herr Lehmann!“ so hörten wir letztes Jahr auf dem Töpfermarkt in Weimar gleich dutzende Mal. Wenn wir in Apolda unterwegs sind, ist es nicht viel anders.
Wie ist das bei uns Menschen? Wenn wir verwechselt werden, dann ist das irgendwo zwischen lustig und peinlich. Aber wenn man uns dauernd für jemanden hält, der wir nicht sind, ja wenn genau das gar erwartet wird, sind die Probleme schon vorprogrammiert! Frust, Enttäuschung, Krankheit womöglich. Das kann auf Arbeit sein, weil der Chef aus Bequemlichkeit, mangelnder Kompetenz oder schlechter Menschenkenntnis gar nicht darauf achtet, was für Arbeitsklima und Motivation wichtig wäre: „Sie können das doch gut, machen Sie das mal“ oder man hört ganz verwundert: „Ihnen macht das doch Spass!“
Aber ebenso passiert das im ganz Privaten: eine alleinerziehende Mutter sucht all das, was sie an Liebe, Zuneigung und Unterstützung braucht bei ihrem Kind und überfordert den Jugendlichen damit. Ein junger Mann kennt seine Freundin ganz genau und weiss, wie lustig sie seine Spässe findet. Doch dann fällt er aus allen Wolken, wenn die Frau sich eines Tages frustriert verabschiedet.
Wir selber machen uns Bilder von Menschen projezieren unsere Erwartungen auf andere und sind dann enttäuscht, wenn unsere Vorstellungen nicht erfüllt werden. Ich möchte Ihnen Mut machen, ent-täuschen Sie selber, vor allem sich! Schauen Sie genau hin und fragen nach, damit für Sie nicht jeder Dackel Herr Lehmann ist.

Ihr Th.-M. Robscheit

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