18. November 2019

Spenden und der kleine Finger

Von Th.-M. Robscheit
This entry is part 111 of 134 in the series geistliches Wort

Spenden und der kleine Finger

Heute habe ich, liebe Leserinnen und Leser, eine ältere Dame aus unserer Gemeinde besucht. Auf dem kleinen Tisch im Wohnzimmer ein Berg Papiere, Briefe, Kalender und eine Ehrenurkunde. Wahrscheinlich ist ihr mein fragender Blick aufgefallen: „Ich weiß auch nicht, was das alles soll!“, ein hilfloser Blick auf den Tisch. Ein Kalender mit schönen Tierfotografien, zwei mit Wassermotiven, einer mit Kinderbildern. „Warum haben Sie denn soviele Kalender?“, frage ich. Und dann entdecke ich zahlreiche Überweisungsträger. Alle von gemeinnützigen Organisationen. Jede einzelne seriös und ihre Spendenziele sehr plausibel und wichtig: Kinder, die Bildung brauchen, woanders gibt es nicht genügend sauberes Wasser, Augen-OPs, die Menschen vor Blindheit und damit Armut schützen; Tiere, die von Menschen vernachlässigt oder gequält werden,… Sie alle engagieren sichfür wichtige Ziele und sind dafür auf Spenden angewiesen. Und natürlich müssen diese Organisationen dafür den Menschen bekannt sein. Deswegen die Briefe und die Urkunde, wenn man besonders viel gespendet hat. Deswegen auch die schönen Kalender, die einen dann ein ganzes Jahr erfreuen und auch erinnern sollen. Das alles ist plausibel und doch auch Irrsinn! Niemand wird sich die vier Kalender aufhängen! Sie sind gedruckt um in die blaue Tonne zu fliegen! Die ältere Dame war verzweifelt. Sie möchte, wie erfreulicherweise der größte Teil der Deutschen, spenden und mit ihrem Geld Gutes tun. Besitz verpflichtet! Jesus fordert unmißverständlich dazu auf, seinem Nächsten zu helfen. Nächstenliebe ist für viele Christen selbstverständlich. Auch für die ältere Dame, aber sie will nicht so zugemüllt werden! Schade um das Papier, die Mühe, das Geld!

Und dann hatte sie eine gute Idee: zwei Organisationen, die ihr besonders wichtig sind, werden auch weiterhin Spenden bekommen. Die anderen erhalten einen freundlichen Brief, dass sie bitte die Adressdaten löschen sollen. Dann gibt es keine Spemndenbriefe mehr & keine Kalender, die gleich in den Müll wandern.

Und wissen Sie, liebe Leserinnen und Leser, was diese beiden Organisationen geschickt hatten? Nein, keinen Kalender, keine Sticker, keine Urkunde. Nur einen Brief. Einen kurzer Brief, in welchem berichtet wurde, was mit den letzten Spenden gemacht wurde & wofür weitere erbeten werden.

Ihr Pfarrer Th.-M. Robscheit

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