Und der Friede Christi
„Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar.“
So, liebe Leser, beginnt der Predigttext am kommenden Sonntag. Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich es bedauere, nicht selber mir eine Predigt anhören zu können. „Was wird der Pfarrer oder die Pastorin wohl dazu sagen?“ Ist da nicht schon ein allgemeines Blabla vorprogrammiert? Der Friede Christi: wie oft wird der im Munde geführt! Und wie sieht es in unserer Welt aus? Israel, Afghanistan und die Übergriffe im geschundenen Irak. Der Friede Christi? Wo ist der zu spüren? In den Herzen? Den Herzen von Menschen, die sich Christen nennen und den Tod bringen? Vor 500 Jahren die Europäer in Amerika und nun ,“in god we trust“, die Amerikaner in Asien und von dort schwappen Hass und Verzweiflung wieder zurück nach Europa, werden Mord und Totschlag geplant und Züge explodieren. Der Friede Christi. Weihnachten, wenn alles schummrig ist, da hören wir gerne, wenn die Engel verkünden: „Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens!“ aber nun ist die Sentimentalität dieses Festes auch beim Letzten verraucht.
Der Friede Christi, zu dem auch ihr berufen seid in einem Leibe… in einem Leibe, „alle Menschen werden Brüder“, kommt da mit einem unguten Beigeschmack in unseren Sinn: Die Europa-Hymne: Freude schöner Götterfunken; viel zu oft gehört in der letzten Woche, viel zu platt der Jubel, schwach die Basis und die Zukunft wirkt nicht elysisch sondern bedrohlich: Wird nicht das Ausbluten unserer Gegend nun nach zwei Seiten beginnen? Die Jugend in den Westen, die Arbeitsplätze in den Osten?
Doch die Krönung unseres Textes kommt erst noch! Seid dankbar! Seid gefälligst dankbar! Der Welt wird Friede versprochen und doch sehen wir nur Krieg, Streit und Hass; doch wir sollen dankbar sein!
Es wird behauptet, wir alle gehörten zusammen, wir erleben, dass die EU wächst und spüren ganz deutlich Zerfall. Ein Leib sein? Wir schaffen das nicht als Christen, selbst in einer einzigen Gemeinde gibt es Streit und Intrigen, werden feine Fäden gesponnen, die nicht Frieden bringen werden, sondern Unrecht und Streit, weil sie falsche Hoffnungen und Erwartungen schüren.
Einheit, Friede, Dankbarkeit – wo sollen wir das in dieser Welt finden?
Liebe Leser, ich beneide Sie ein bisschen, dass sie am Sonntag wieder die Möglichkeit haben, sich auszusuchen, was ihnen lieber ist: weiter über die Welt mit ihren Unzulänglichkeiten, wie ich sie oben abgesprochen habe, zu klagen, oder sich auf den Weg zu machen um den Frieden Gottes in unserer so friedlosen Zeit zu suchen, ihn sich im Segen zusprechen zu lassen und mit dieser Kraft im Herzen vielleicht ganz unscheinbar aber enorm wichtig der Welt diesen Frieden weiterzugeben.
Ihr Pfr. Robscheit
Mai 2005